Finma politisiert
Fast unbemerkt will die
Finanzmarktaufsicht die Obergrenze für Bargeldgeschäfte senken. Sie orientiert
sich an internationalen Regeln statt am Schweizer Gesetzgeber.
Weltwoche - Christoph Mörgeli /
Die diskrete Medienmitteilung im Hochsommer sollte die Neuerung wohl möglichst tief hängen. Unter dem unverfänglichen Titel «Finma veröffentlicht teilrevidierte Geldwäschereiverordnung» schrieb die Eidgenössische Finanzmarktaufsichtsbehörde im letzen Satz: «Zudem senkt die Finma den Schwellenwert für Identifikationsmassnahmen bei Kassageschäften auf das FATF-Niveau von 15'000 Franken.» Worum geht es konkret bei solchen Bürokratendeutsch?
Die diskrete Medienmitteilung im Hochsommer sollte die Neuerung wohl möglichst tief hängen. Unter dem unverfänglichen Titel «Finma veröffentlicht teilrevidierte Geldwäschereiverordnung» schrieb die Eidgenössische Finanzmarktaufsichtsbehörde im letzen Satz: «Zudem senkt die Finma den Schwellenwert für Identifikationsmassnahmen bei Kassageschäften auf das FATF-Niveau von 15'000 Franken.» Worum geht es konkret bei solchen Bürokratendeutsch?
Ab 1. Januar
2020 sollen alle Bürger nur noch Käufe bis 15'000 Franken in bar bezahlen
dürfen. Ansonsten müssen sie ihre Personalien detailliert belegen und erklären,
woher genau das Geld stammt. Dies neuste Bargeld-Regulierung wird nicht ohne
nachteilige wirtschaftliche Folgen bleiben, etwa für Finanzdienstleister,
Kunsthandel, Juwelier- und Uhrengeschäfte, Autogewerbe et cetera. Dabei ist im
geltenden Geldwäschereigesetz ein Schwellenwert für Bargeld von 100'000 Franken
vorgeschrieben. Das Parlament hat 2015 nach heftiger Diskussion und gegen den
Willen des Finanzdepartements unter Eveline Widmer-Schlumpf ausdrücklich so
entschieden. Nun soll der Gesetzgeber einmal mehr elegant ausgetrickst werden –
mit Verweis auf internationale Regelungen. Und weil es die regulierenden
Rappenspalter im In- und Ausland so wollen.
Die
Financial Action Task Force (FATF) – also der Arbeitskreis Massnahmen zur
Geldwäschereisbekämpfung bei der OECD – will in ihrem neusten «Länderexamen» in
der Schweiz verschiedene Schwachstellen gefunden haben. Darum bestraft das
Gremium unser Land mit seinen Folterwerkzeugen, die als «vertiefter
Prüfungsprozess» schöngeschminkt werden. Ausgerechnet die Schweiz mit den
weltweit strengsten Geldwäschereivorschriften steht einmal mehr am subtilen
Pranger. Denn kein Land ist ein dankbarerer, vorauseilender Erfüllungsgehilfe
immer weiterer Regulierungen.
Durch die
Hintertür
Besonders
befremdlich ist das Vorpreschen der Finma, weil gegenwärtig der Vernehmlassungsbericht
und die bundesrätliche Vorlage zu einer Änderung des Bundesgesetzes über die
Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung noch gar nicht
vorliegen. Einmal mehr tanzt die Finma dem Finanzdepartement von Ueli Maurer beziehungsweise
dem Gesamtbundesrat auf der Nase herum. Alle für den Finanzmarkt relevanten
Gesetze und Verordnungen werden hierzulande nämlich vom Parlament respektive
vom Bundesrat verabschiedet. Die Finma kann im Gesetzgebungsverfahren Stellung
dazu nehmen und ihre Stellungnahmen publizieren. Doch die Oberaufsicht über die
Finma steht nach wie vor dem Parlament zu. Entsprechend ungehalten reagiert SVP-Fraktionschef
Thomas Aeschi auf die Medienberichte über die Herabsetzung der Bargeldschwelle
auf 15'000 Franken durch die Hintertür. «Ich will vom Finanzdepartement wissen,
ob es die neuste Regulierungsänderung mit der Finma koordiniert und dieser zugestimmt
hat.» Auch nehme ihn wunder, welche Person aus welcher Behörde an der
entsprechenden Sitzung der FATF teilgenommen habe.
Das die
Schweizer Vertreter offenbar keinerlei Vorbehalte angemeldet und damit den erklärten
Willen des Parlaments umtribbelt haben, belegt einmal mehr: In Finma und
Finanzdepartement ziehen unsere Beamten die entscheidenden politischen
Strippen. Dabei halten sie sich an internationalen Vorgaben und foutieren sich
um den Schweizer Gesetzgeber.
Quellen: Weltwoche - Ausgabe 26.07.18 - Text von Christoph Mörgeli / Finma (Bild) / http://oeffentlichkeit-leben.blogspot.ch