Freitag, 27. Juli 2018

Bargeldregulierung Schweiz - Herabsetzung der Bargeldschwelle auf 15'000 Franken durch die Hintertür.



Finma politisiert

Fast unbemerkt will die Finanzmarktaufsicht die Obergrenze für Bargeldgeschäfte senken. Sie orientiert sich an internationalen Regeln statt am Schweizer Gesetzgeber.

Weltwoche - Christoph Mörgeli / 
Die diskrete Medienmitteilung im Hochsommer sollte die Neuerung wohl möglichst tief hängen. Unter dem unverfänglichen Titel «Finma veröffentlicht teilrevidierte Geldwäschereiverordnung» schrieb die Eidgenössische Finanzmarktaufsichtsbehörde im letzen Satz: «Zudem senkt die Finma den Schwellenwert für Identifikationsmassnahmen bei Kassageschäften auf das FATF-Niveau von 15'000 Franken.» Worum geht es konkret bei solchen Bürokratendeutsch?

Ab 1. Januar 2020 sollen alle Bürger nur noch Käufe bis 15'000 Franken in bar bezahlen dürfen. Ansonsten müssen sie ihre Personalien detailliert belegen und erklären, woher genau das Geld stammt. Dies neuste Bargeld-Regulierung wird nicht ohne nachteilige wirtschaftliche Folgen bleiben, etwa für Finanzdienstleister, Kunsthandel, Juwelier- und Uhrengeschäfte, Autogewerbe et cetera. Dabei ist im geltenden Geldwäschereigesetz ein Schwellenwert für Bargeld von 100'000 Franken vorgeschrieben. Das Parlament hat 2015 nach heftiger Diskussion und gegen den Willen des Finanzdepartements unter Eveline Widmer-Schlumpf ausdrücklich so entschieden. Nun soll der Gesetzgeber einmal mehr elegant ausgetrickst werden – mit Verweis auf internationale Regelungen. Und weil es die regulierenden Rappenspalter im In- und Ausland so wollen.

Die Financial Action Task Force (FATF) – also der Arbeitskreis Massnahmen zur Geldwäschereisbekämpfung bei der OECD – will in ihrem neusten «Länderexamen» in der Schweiz verschiedene Schwachstellen gefunden haben. Darum bestraft das Gremium unser Land mit seinen Folterwerkzeugen, die als «vertiefter Prüfungsprozess» schöngeschminkt werden. Ausgerechnet die Schweiz mit den weltweit strengsten Geldwäschereivorschriften steht einmal mehr am subtilen Pranger. Denn kein Land ist ein dankbarerer, vorauseilender Erfüllungsgehilfe immer weiterer Regulierungen.

Durch die Hintertür

Besonders befremdlich ist das Vorpreschen der Finma, weil gegenwärtig der Vernehmlassungsbericht und die bundesrätliche Vorlage zu einer Änderung des Bundesgesetzes über die Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung noch gar nicht vorliegen. Einmal mehr tanzt die Finma dem Finanzdepartement von Ueli Maurer beziehungsweise dem Gesamtbundesrat auf der Nase herum. Alle für den Finanzmarkt relevanten Gesetze und Verordnungen werden hierzulande nämlich vom Parlament respektive vom Bundesrat verabschiedet. Die Finma kann im Gesetzgebungsverfahren Stellung dazu nehmen und ihre Stellungnahmen publizieren. Doch die Oberaufsicht über die Finma steht nach wie vor dem Parlament zu. Entsprechend ungehalten reagiert SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi auf die Medienberichte über die Herabsetzung der Bargeldschwelle auf 15'000 Franken durch die Hintertür. «Ich will vom Finanzdepartement wissen, ob es die neuste Regulierungsänderung mit der Finma koordiniert und dieser zugestimmt hat.» Auch nehme ihn wunder, welche Person aus welcher Behörde an der entsprechenden Sitzung der FATF teilgenommen habe.

Das die Schweizer Vertreter offenbar keinerlei Vorbehalte angemeldet und damit den erklärten Willen des Parlaments umtribbelt haben, belegt einmal mehr: In Finma und Finanzdepartement ziehen unsere Beamten die entscheidenden politischen Strippen. Dabei halten sie sich an internationalen Vorgaben und foutieren sich um den Schweizer Gesetzgeber.


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