Donnerstag, 22. März 2012

Junger Mann in Psychiatrie eingewiesen, weil er keinen Facebook-Account hat

Text: Der Postillon vom 21.03.12

Köln (dpo) - Das dürfte ihm nicht gefallen: Der 22-jährige Sven B. wurde heute zwangsweise in die Psychiatrie eingewiesen, weil er keinen Account bei dem sozialen Netzwerk Facebook hat. Zuvor hatten Freunde die Gesundheitsbehörden alarmiert, weil sie sich wegen des asozialen Verhaltens des jungen Mannes große Sorgen machten.

"Der arme Sven", schreibt Sylvia R., eine gute Freundin von B., in ihrer Facebook-Timeline. "Er war immer so fröhlich und hat behauptet, er brauche kein Facebook, um mit seinen Freunden zu kommunizieren. Wir haben alle gewusst, dass das nicht stimmen kann. Wie soll denn das gehen?" Viele von Sylvias 489 Facebook-Freunden bestätigten dies umgehend mit ":-(", "(o_O)" oder "Gefällt mir".

Svens Freunde hätten ihn gern einfach hinzugefügt

Dabei gab es überhaupt keinen offensichtlichen Grund, warum Sven B. kein Mitglied des sozialen Netzwerkes war. Seinen Freunden zufolge verfügte er über ein profilfotogenes Äußeres, einen internetfähigen Rechner und zwei gesunde Hände, mit denen er seine Timeline sieben Mal am Tag hätte aktualisieren können.

Nun sitzt Sven B. in der geschlossenen Abteilung der psychiatrischen Anstalt und bekommt starke Medikamente.

Sein behandelnder Arzt sagt: "Wäre der Patient über 30 gewesen, dann hätten wir ihn nicht aufgenommen, sondern nur beobachtet. Immerhin wären dann viele seiner Altersgenossen ebenfalls nicht bei Facebook gewesen. Aber ein 22-jähriger, der nicht bei Facebook oder wenigstens Xing, Twitter oder Google+ ist, gilt als stark verhaltensauffällig – oder wie der Laie es nennt "verrückt"."

Sven B. darf die psychiatrische Anstalt laut Behördenangaben erst wieder verlassen, wenn er sein Fehlverhalten eingesehen hat. Es reicht allerdings nicht, dass der junge Mann einfach nur einen Facebook-Account anlegt. Er muss mit regelmäßigen Statusupdates, aufdringlichen Freundschaftsanfragen bei Leuten, die er gar nicht kennt, und geöffneten Glücksnüssen beweisen, dass er ihn auch wirklich nutzt.

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